Ich bin ein Sammler. Nein, ich sammle keine Briefmarken, auch keine Kaffeerahmdeckeli. Es gibt einfach Dinge, die ich nicht gerne weggebe, und schon gar nicht wegwerfe. Bücher gehören dazu, auch CDs, und ja, du ahnst es vielleicht schon: Bei vielen Dingen denke ich, dass ich die ja vielleicht mal noch brauchen könnte. Als ich ein Kind war, hat sich schon meine Mutter darüber beklagt, als ich ständig vom Sperrmüll alte Radios und Fernseher angeschleppt habe.
Gerade jetzt aber packt mich die Lust, aufzuräumen. Auszuräumen, Ballast über Bord zu werfen. Meistens ist diese Lust verbunden mit einer gewissen Wut, einem Ärger über das viele Zeug, das Zimmer, Keller, Kästen, Regale füllt. Diesen Ärger und die Lust aufzuräumen verstehe ich auch im übertragenen Sinn als ein Zeichen, dass meine Seele jetzt Raum braucht für Neues. Dass ich Altes loslassen und mich davon befreien will.
Letzte Woche habe ich meinen Schreibtisch abgeräumt und die Tischplatte frisch geschliffen und geölt. Wie schön sie wieder aussieht, fast wie vor über fünfunddreissig Jahren, als mein Vater mir diesen Tisch geschenkt hat. Er hat ihn selbst gebaut. Jetzt ist der Tisch nicht mehr übersät mit Mäppchen, Papier, Ladekabeln und allerlei «Ginggernillis», sondern bietet eine leere Fläche. Platz für neue Ideen und neue Taten.
Es ist Zeit, das Leben zu ordnen, zu unterscheiden, was wichtig ist, und was nicht (mehr). Und zu überlegen, was ich denn wirklich (noch) brauche. Das ist nicht nur privat, sondern auch in der Arbeit immer wieder Thema. Welche Konzepte «verhebe» noch, welche sind überholt? Wieviel unnötigen Ballast schleppen wir als Kirche mit uns herum, der uns Energie und Vitalität raubt? Jetzt wird’s spannend…
Ich habe Lust aufzuräumen. Erst mal im Keller. Und dann schaue ich weiter.
Hei Urs, du sprichst mir aus dem Herzen!
In den Ferien komme ich oft in Kirchen, die wirken auf mich wie Grümpelkammern. Daher bevorzuge ich oft die romanischen Kirchen. Es ist gut, wenn wir Menschen unsere Probleme in die Kirchen tragen. Aber wenn wir an die Wandlung glauben, dann ist es wichtig, dass wir sie nach der Wandlung auch wieder mitnehmen. Erst dann können wir sie loslassen. Was mich beschäftigt soll ich laut zur „Sprache“ bringen; in einem Tagebuch, einer vertrauten Person, einem Haustier. Wichtig ist: Ich muss es hören oder lesen können. Und die „Sprache“ hat mir dann immer wieder geholfen. Nicht unbedingt so wie ich dachte, aber sie hat mir gezeigt, wo ich anders denken kann. Dann kann ich auch loslassen. Jojo