Ich finde meinen Beruf super.
Meistens erscheint mir sinnvoll, womit ich meine Zeit verbringe. Für mich muss das so sein. Es würde mich fertig machen, wenn ich etwas machen müsste, hinter dem ich nicht stehen kann.
Und ich habe auch Mühe damit, wenn ich nicht hinter meiner Arbeitgeberin stehen kann.
Zum Glück ist meine Arbeitgeberin seit 2014 die Katholische Landeskirche im Aargau.
Nicht mehr «die Kirche» oder «die Amtskirche». Nein, diese wunderbare staatskirchenrechtliche Seite der Kirche, die es nur in der Schweiz gibt.
Für «die Kirche» muss ich mich immer wieder fremdschämen. Schämen und wegducken. Oder schämen und laut schreien. Oder schämen und wenigstens bloggen, wenn schon nicht laut schreien.
Ich schäme mich für den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Ich schäme mich für das Verharmlosen, für eine Kultur des Wegschauens, für Strukturen, die das alles ermöglicht haben.
Ich schäme mich aber auch für die Lügen. Ja, ich finde, der Pflichtzölibat gehört abgeschafft. Aber so lange er das nicht ist, kann ich nicht wirklich nachvollziehen, wie man als Priester eine Struktur der Macht und der Unterdrückung mit aufrecht erhält, indem man ihr dient und sie dennoch nicht richtig findet und auch nicht lebt.
Manchmal habe ich mir vorgestellt, wie es wäre, wenn wirklich alle aufstünden. All die Frauen und Männer, die sich nicht so einbringen können, wie sie das möchten, weil sie Frauen sind, weil sie den Zölibat nicht richtig finden, weil sie LGBTIQ* sind, weil sie einer anderen Minderheit angehören, an die ich gerade nicht denke, die sich aber auch nicht so einbringen kann, wie sie möchte. Aber vor allem auch all die Priester, die den Zölibat nicht leben (können).
Alle stünden auf und würden einfach nicht mehr mitmachen. Nicht austreten. Einfach nicht mehr so mitmachen. Laut. Ein Streik mit Pauken und Trompeten. Nicht nur ein Tag, so lang, dass es weh tut.
Imagine all the people. Wäre es nicht grossartig?
So lange wir das nicht hinkriegen, möchte ich in der öffentlichen Wahrnehmung dazu beitragen, dass die Landeskirche nicht gleichgesetzt wird mit «der Kirche».
Natürlich passieren auch hier Fehler. Aber es gibt kein so grundsätzlich strukturelles Problem, das systematische Vertuschung ermöglicht.
Ich habe direkt bei meiner Anstellung gesagt, dass ich mit einer Frau zusammen bin. Es war für mich klar, entweder kann ich das hier offen sagen oder ich bleibe nicht. Und wie ihr lesen könnt: ich kann es offen sagen. Ich bin unendlich dankbar dafür, dass ich die sein darf, die ich bin.
So will ich mich auch einbringen, als die, die ich bin. Ich will mich mit dieser Kirche – dieser Landeskirche! – identifizieren und einbringen.
Und so muss es sein.
Huch. Wow. Genau so!