In der letzten Woche stiess ich auf einen Leitartikel des Tagesanzeigers vom 13. Februar 2021 mit dem Titel «Warum es guttut, die Hoffnung aufzugeben». Ein provokativer Titel – zumindest für mich, hab ich mich doch von Kind an immer wieder an das Sprichwort «Die Hoffnung stirbt zuletzt» geklammert, um nicht gleich von den göttlichen Tugenden «Glaube, Liebe und Hoffnung» zu sprechen. Und nun plötzlich will man mir erklären, dass es besser wäre, die Hoffnung aufzugeben?

In dem Artikel geht es um unseren Umgang mit der Corona-Pandemie. Da wir von den Fachstelle gerade an der Installation «ENT-SORGUNGS-STELLE» arbeiten – ein Projekt, bei dem wir auf die aktuellen Sorgen und Ängste Jugendlicher und junger Erwachsener in der Pandemiezeit eingehen wollen – zog mich der Artikel an, vielleicht könnte er mir ja neue Erkenntnisse für unser Projekt bringen.

Zum Einstieg werden verschiedene Schwierigkeiten, mit der wir in der Corona-Pandemie zu kämpfen haben, aufgezeigt. Schon bald wird der Leser aufgefordert, das Bewusstsein mit «ermutigenden Gedanken» zu impfen. Das gefällt mir, die Perspektive darauf zu richten, was wir selbst tun können. Verschiedene Erkenntnisse werden aufgezählt, woraus sich diese Gedankenimpfung zusammensetzen sollte. Dabei gefällt mir am Besten eine Lehre aus der Glücksforschung, dass der Mensch seine Zufriedenheit nicht nach absoluten Kriterien, sondern abhängig vom Ausgangsniveau bemisst. Insofern werden wir uns künftig auch schon über kleinere Dinge freuen. Hm, wie schön, darauf freue ich mich jetzt schon, denke ich mir 🙂 Und schliesslich greift der Artikel die These auf: «Es ist befreiend, die Hoffnung aufzugeben.» Der Autor merkt dabei selbst an, dass dies absurd klingt, doch meint er: «Solange wir hoffen, konzentrieren wir uns auf Dinge, die wir nicht ändern können.»

Dieser Satz bringt mich zum Nachdenken. Ist es wirklich so, dass Hoffnung und Ohnmacht untrennbar verbunden sind? Hm, ich bleibe skeptisch. Ich habe da offensichtlich einen anderen Bezug zum Begriff Hoffnung. Mit den Schlusssätzen kann ich mich dann jedoch mit dem Gedanken doch noch voll und ganz versöhnen: «Lassen wir mutig die Hoffnung fahren, dass es bald wird wie früher. Nur dann können wir uns auf das konzentrieren, was wir tatsächlich tun können, um unsere Lage zu verbessern.» Ja, da kann ich gerne zustimmen, jene Hoffnung abzulegen, dass alles so werden soll/muss wie früher – eine Hoffnung, die für mich irgendwie einengend wirkt. Und dabei zugleich darauf achten, was in unserer Hand liegt. Und da ich optimistisch bin, nenne ich es einfach Hoffnung, dass es ganz viel ist, was zukünftig in unseren Händen liegt und dass es gut rauskommt, wenn auch vielleicht anders als früher.

Der Artikel spricht etwas an, das ich selbst immer wieder in schwierigen Situationen erlebt habe: Darauf zu schauen, was man selbst tun kann, die eigene Selbstwirksamkeit erproben, erleben und dadurch neuen Mut bekommen. Und mir ist bewusst, es gibt viel, was unser Handeln erfordert. Beinahe täglich berichten uns die Medien, dass verschiedene Teile unserer Gesellschaft unter den Folgen der Pandemie leiden. Man kann sich davon entmutigen lassen oder die Herausforderung annehmen, für andere eine Stütze zu sein und zu beobachten, was sich durch eine Krise auch neues positives entwickelt. Ich will optimistisch bleiben und tendiere zu letzterem – denn die Hoffnung stirbt zuletzt, oder? 😉

PS: Ein Dankeschön dem Tagi für diesen spannenden und anregenden Artikel!