In manchen Momenten trete ich innerlich zurück und frage ich mich, was Gott wohl gerade davon hält, wenn er sieht, was uns Menschen bewegt. Zum Beispiel wenn 22 Menschen (sie sind ja immerhin 22 Ebenbilder Gottes) auf einem rechteckig markierten Feld auf Gottes Schöpfungsgrund einem weissen runden Ball hinterher rennen, um ihn bekanntlich ins Eckige zu befördern. Rundherum zigtausende Menschen (auch Ebenbilder Gottes), die gebannt und voller Emotionen diesen Ball verfolgen, die leiden, jubeln, schreien, springen… ihr wisst, wovon ich rede. Schüttelt Gott da verständnislos den Kopf, was hier abgeht? Oder jubelt er vielleicht mit? Kann er darüber lachen, was die Menschheit so tief bewegt? Ärgert er sich über Fouls? Jubelt er mit dem Gewinner oder trauert er mit dem Verlierer? Vielleicht beides zugleich? Würde er vorschlagen, die Mannschaften sollten sich einfach davor auf ein gemeinsames Tor einigen? Oder blickt er vielleicht mit gerunzelter Stirn in die Kirchen und fragt sich, warum Gottesdienst dagegen recht emotionslos erscheinen?
Ich weiss es nicht. Jeder darf für sich seine Antworten selbst finden. Doch da wir bekanntlich alle Ebenbilder Gottes sind, ist es für mich eine spannende Herausforderung, darin etwas Göttliches zu entdecken. Wo wäre wohl Gott auf dem Spielfeld meines Lebens? Spielt er in meiner Mannschaft oder gar gegen mich? Ist er der Schiedsrichter, der für Gerechtigkeit und Einhaltung der Regeln sorgt? Hm, nein, für mich jedenfalls nicht.
Gerne stelle ich mir Gott als den Trainer vor. Am Rand des Spielfelds des Lebens ist er immer voll und ganz dabei. Er versucht alles, um uns zu unterstützen. Er fiebert mit uns mit. Er leidet mit uns mit. Er freut sich, wenn uns etwas gelingt. Er kennt unsere Begabungen bestens und hätte gute Vorschläge für uns, wo wir uns im Leben positionieren könnten. Und manchmal fragen wir uns, warum er nicht einfach auf unser Spielfeld kommt – doch das ist scheinbar nicht (mehr) seine Rolle.
Und was ist meine Rolle? Bin ich eher Verteidigerin oder Stürmerin? Oder bin ich manchmal Schiedsrichterin oder einfach Zuschauerin? Ich denke, das hängt ganz von der Situation und der Herausforderung ab, die mir das Leben immer wieder stellt. In meiner Rolle als Begleitung von Jugendlichen habe ich da meine Rollenklarheit gefunden – ich sehe mich oft selbst in der Rolle als Trainerin, darauf bedacht, mein Möglichstes dazu beizutragen, dass die jungen Menschen sich gut entwickeln können. Jede einzelne Person soll ihren Platz haben können, wo sie sich wohl fühlt und ihre Begabungen ausleben kann. Wenn Fouls geschehen, sorge ich für erste Hilfe. Ich will einen Teamgeist entwickeln, der für alle spürbar ist, dass wir gemeinsam mehr erreichen, als wenn wir Einzeln unterwegs sind. Und wenn mir das als Begleiterin gelingt, dann darf ich durchaus im ganz Kleinen auch diese hochemotionalen Momente erleben. Zwar auf eine ganz andere Weise als dies im Fussballstadion geschieht, aber durchaus vergleichbar mit der Freude eines Tors bei einer EM. Und dann spüre ich auch förmlich, wie Gott am «Spielfeldrand» mitjubelt.
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