Etwas fürs Herz
Eigentlich wollte ich diesmal etwas zum Thema Gruppendynamik schreiben weil wir da in unserer Blockwoche letztens viele interessante Modelle und Theorien gelernt haben.
Aber gestern Abend als ich nach Hause kam (bei mir stehen seit meinem Umzug noch viele unausgepackte Kisten rum), stolperte ich regelrecht über solch einen Kartonriesen, weil ich den Lichtschalter nicht gleich betätigte als ich durch den Korridor ging. Dabei purzelte die Kiste um und der ganze Korridor füllte sich übermütig mit Briefen, Fotos und Erinnerungen von früher. Nach einem ersten kurzen innerlichen Fluchen weil dabei mein kleiner Zehen gebrochen war… – naja, das war er natürlich nicht, aber ich denke eine Jede, ein Jeder kennt diesen Schmerz nur zu gut; heftig, fies, kurz – da machte ich dann mal das Licht an, schaute mir das vermeintliche Malheur an und musste auch schon gleich wieder schmunzeln.
Da lag sie, die Vergangenheit. Festgehalten auf Fotos und in Briefen welche ich alle sehr sorgfältig aufgehoben habe.
Einigen von ihnen fehlen die Postmarken, brutal herausgeschnitten von meinem Bruder dem Hobby-Philatelisten. Nun setzte ich mich mitten in die Flut der schon teils verblassten, doch damals für mich enorm wichtigen Mitteilungen.
Ich griff wahllos zu einem gelben, schon etwas zerfledderten Kuvert. Dessen Inhalt enthält die Frage eines Jungen: „Willst du mit mir geh‘n?“ Wer war jetzt gopfriedstutz nochmal dieser Junge? Schon war ich mit meinen Gedanken wieder auf dem Schulhof von damals.
Oder dann da, ein Hilferuf von meinem Cousin. Er befindet sich in einem Schulheim, vergeht vor Heimweh und plant auszubüxen (was er dann auch tatsächlich tat).
Wohlmeinende Ratschläge von meiner Grossmutter in ordentliche gefärbte Buchstaben verpackt, und das erinnerte mich an meine erste für mich genähte Karohose von ihr. Dann waren da noch Wichtelnotizen oder die unter der Schulbank hin-und hergeschobenen Botschaften, welche es geschafft haben, nicht von der Lehrerin eingezogen zu werden.
Witzige Bildkarten zum 5., 10. oder gar 20., Himmel: dem 36! Persönlich von Hand geschriebene Postkarten und Geburtstagsgrüsse mit grinsenden Affen oder süssen Blumenmustern. Von mir geschriebene Liebesbriefe welche ich nie getraute zu übergeben oder Liebeskummerberichte von meiner Schulfreundin, weil zahlreiche elterliche Verbote für das Ende ihrer Liebelei sorgten.
Es ist immer wieder schön, sich in Erinnerungen zu verlieren, sich im Moment und diesem Augenblick gedanklich wiederzufinden, und es huscht einem dabei ein Lächeln über die Lippen, ein Seufzer oder auch gut mal beides gleichzeitig.
Ich liebe diese Momente, und ich bin sicher, vielen da draussen geht es nicht weniger so.
Also wenn Du das jetzt liest, schnapp Dir Papier und Stift und schreib doch ein paar liebe, lustige, neckische Zeilen an jemanden. Sie/er wird viel Freude haben, etwas anderes als die Schnitzelwerbung von einem Supermarkt oder eine Rechnung aus dem Briefkasten zu ziehen.
Und irgendwann mal stolpert sie oder er auch eines Tages im Dunkeln ganz unverhofft über eine Kiste, sitzt danach am Boden in einem Meer von Erinnerungen und hält dann plötzlich Deine Botschaft in der Hand…mit einem Lächeln auf den Lippen und vielen schönen Erinnerungen an Dich.
Denn SMS und Whatsappnachrichten lassen sich leider nicht in Kisten packen.
Nächstenliebe sozusagen wieder mal auf oldschool Art 😉
Hinterlasse einen Kommentar